Gedanken von anderen

Eine zarte, entrückte Natur
Als ich klein war, trieb ich oft ein bestimmtes Spiel, durch das ich mich gewissermaßen aus der Welt der Großen verabschiedete und in eine eigene Welt eintrat, eine Welt aus Farben, Empfindungen und Phantasien. Das Spiel war ganz einfach, hatte keine Regeln und kein Ziel. Ich stand etwa inmitten einer Blumenwiese, am Rande eines mit Klatschmohn durchsetzten Kornfeldes oder auch in einem Gewächshaus voller Nelken und brauchte nur die Augen zu schließen und mich dem Gefühle zu überlassen, in die ganze Farbenpracht einzutauchen und ein Teil davon zu werden. Die Wirklichkeit verschwamm, ich fühlte mich mit dem Lichte eins und dem Geiste nahe.
Ich hatte dieses Spiel schon lange nicht mehr gespielt, als ich zum ersten Male die Bilder von Franco Giannelli sah und mich plötzlich in längstvergangene Zeiten zurückversetzt fand, in die Zeiten dieses so einfachen, doch genußreichen Spieles und der Begegnung mit dem Geiste, der sich mir bei geschlossenen Augen zeigte. Francos Malerei ist lieblich, gedämpft, fast wie im Traume. Wenn ich seine Bilder betrachte, ist mir, als träte ich in eine andere Welt, eine Welt hinter der Natur, die sie zeigen, hinter der photographischen Abbildbarkeit, hinter den Einzelheiten, aus denen die Wirklichkeit besteht. Es ist eine Dimension der reinen Empfindung, eine Begegnung mit dem Wesentlichen, das ins Sein drängt.

Eugenio Giusti - Associate Professor of medieval literature and culture at Vassar College (Poughkeepsie, New York)

Himmel und Erde sprechen die selbe Sprache. Sie lieben und vereinen sich. In der von Franco Giannellis geschaffenen Welt gibt es keine Grenzen. Blüten werden Sterne, Sterne werden Blüten. Gelb und Blau treffen am Fußpunkt des Himmels im Grün der Felder zusammen, dessen entschiedene, manchmal energisch gespannte Pinselstriche mich an Van Gogh erinnern – eine vielleicht sentimentale Reminiszenz, der ich mich aber nicht erwehren kann. Tempestoso („Stürmisch“) ist ein Werk, in dem die ganze Poetik des Malers Franco Giannelli beschlossen liegt: Ich möchte sie fast shakespearisch nennen, nicht nur wegen des Titels. Das Unwetter kann aufgefaßt werden als eine Krise der Natur, die wir normalerweise als ruhig und lieblich empfinden, uns freundlich gesinnt. Aber die Krise ist, wie man weiß, zweiwertig; sie ist nicht nur Gefahr, sondern auch Weg der Erneuerung. Der Maler taucht den Himmel, das Meer und die Erde in die gleichen Farben und verändert nur den dominanten Ton. Und aus der seltsamen Perspektive kann ich gar nicht recht erkennen, ob die fleischigen Kugeln dort Baumkronen sind oder irgendwelche phantastischen Blüten, denen morgen – wer weiß – eine neue Art Menschen entspringt. – Für mich ist Franco Giannelli ein Traumweltenbauer, und der Traum ist ja nichts anderes als die erste Wirklichkeit.

Marina Roman - Kunstkritikerin

Die Gemälde Franco Giannellis haben den stillen Charme der inniglich-zarten Naturerscheinungen, die der Künstler in einzigartigen Posen porträtiert. Seine Farben schaffen Gemütszustände, erzeugen Traumbilder von Bewegung, Aufruhr, Widerstand, Fliehen und Ruhen im Spiele des Windes und des Lichtes. Der Schimmer und die Wärme dieser Farben erhöhen die erscheinende Natur zum poetischen Sinnbild des Irdischen und des Himmlischen. Blumen sind die "Hauptpersonen" dieser Gemälde, und das Changieren ihrer Farbtöne hat etwas Musikalisches: Man könnte Franco Giannelli einen Farbtonkünstler nennen.

Puşa Roth - Schriftstellerin

Man könnte, wenn man die künstlerischen Absichten Franco Giannellis in einem sehr beschränkten Sinne auffassen wollte, seine Bilder als „Blumen in Landschaft“ bezeichnen. Aber in diesen Landschaftsblumen oder beblümten Landschaften scheint doch noch etwas anderes durch. Sie sind, so möchte ich es ausdrücken, metaphysische Gedichte fürs Auge. Das Auge schaut und träumt, der Blick fragt, ist beunruhigt, schwebt, wendet sich ab und kehrt zurück – und erfaßt einen Horizont, der ihm immer vertrauter wird und der zugleich so viele Überraschungen birgt, denn er ist in einem ständigen Wandel begriffen. Zärtlich umhüllt das warme Sonnenlicht die Pflanzen, ein Hauch aufgewehten Staubes legt sich auf die Landschaft, es herrscht die Stille eines langen Sommerabends, wie in dem so betitelten Bilde: Sera d’estate. Manche dieser Landschaftsgedichte lassen den geheimen, der Wahrnehmung entzogenen Rhythmus der Natur ertönen (Tiptil), das Rauschen (Fruscio), die innere Musik, die uns in Träume versetzt, wenn wir Blumen im Winde sich wiegen sehen (I colori del vento); andere evozieren den Duft der goldbraunen Erde (Oro, Oro di terra, Essenza).
In dieser Sammlung von Werken des Malers Franco Giannelli gebührt besonders der chromatischen Harmonie Aufmerksamkeit, denn der Künstler verleiht einem jeden Bilde ein besonderes Farbtimbre, einen chromatischen Akkord, der es einzigartig macht, von der taktilen Empfindung, die Tanz der Sonne (Danza del sole) hervorruft, bis zu der schwebenden Luftigkeit von Blumen... Schmetterlinge (Fiori... Farfalle).

Costin Tuchilă - Schriftsteller

Die Werke Franco Giannellis zeigen eine zarte, entrückte Natur, die im Spiegel seiner Seele und seiner Malerei zu einer poetischen wird. Sein eleganter Stil ist wohltemperierter Ausdruck des feinen Empfindens, mit dem er die dargestellten Landschaften erfaßt. Durch die kunstvolle Wahl seiner Farben taucht er sie in ein gedämpftes Licht und verleiht ihnen jene ganz eigene romantische Stimmung, die der Künstler im Laufe eines vieljährigen Schaffens zu erspüren und wiederzugeben fähig geworden ist.

Maria Paola Manzo - assessorato alla Cultura del Comune di Pisa

In einer Wiese liegen, das Gras berühren, riechen, den Hauch des Windes spüren und wissen, daß die Natur zu uns spricht und uns zur Besinnung auffordert. Und dann sich umschauen und sehen, daß das Grün viele, unendlich viele Töne hat, und alle anderen Farben auch. Franco Giannelli führt uns durch seine Naturwahrnehmung und durch seine Malerei zu dem Bewußtsein, daß das Leben einer jeden Blume Gleichnis des Menschenlebens ist: des Kampfes gegen das Dunkel, des Durchbrechens zum Lichte und der Teilhabe an dem Wunder der Natur. Dergleichen Empfindungen in sich zu sammeln und ihnen Ausdruck zu geben, sei es durch das Wort, sei es durch die Malerei – das ist auch ein Versuch, eine Antwort auf die ewigen Fragen des Menschengeschlechtes zu finden. Wenn wir uns ganz der Macht der Farben überlassen, so können wir den perfekten Zusammenklang des Guten und des Schönen erlauschen und ein Gefühl des Erfülltseins erleben, das uns auch in Einklang mit uns selbst bringt.

MEMO - Lucca